Ein Kommentar zu den Reaktionen nach dem Cupfinal

Kaum ein Thema polarisiert in diesen Tagen mehr als das „Hooligan-Konkordat“, über welches am 9. Juni in Zürich abgestimmt wird. Die Ausschreitungen am Cupfinal haben den Befürwortern in die Hände gespielt – doch wer sich intensiver mit dem Thema beschäftigt, merkt schnell, dass die einseitige Berichterstattung über Fussballfans ungerechtfertigt ist.

Rückblick auf die Geschehnisse vor dem Cupfinal

Bereits am Donnerstag vor dem Cupfinal verteilten die FCB-Fans Flyer, mit der Information, dass der Waisenhausplatz  als Treffpunkt gelte. Die Polizei hatte im Wissen, dass die GC-Fans sich direkt gegenüber auf dem Bärenplatz treffen wollen, nun also genügend Zeit, sich auf diese Situation vorzubereiten. Wie mehrere Augenzeugen berichten, ging die Polizei auf Hinweise, dass ein Aufeinandertreffen der beiden Fangruppierungen möglich wäre, nicht ein. Diese Erfahrungen schildert der Kabarettist und Autor Roland Suter gegenüber der „TagesWoche„. Obwohl in der ganzen Stadt etliche Polizeipräsenz herrschte, war sie nicht dort, wo eine Ausschreitung am ehesten zu erwarten war. Nun könnte man behaupten, die Fans wären selber Schuld, wenn sie kurz vor einer so wichtigen Abstimmung eine Ausschreitung anzetteln. Doch man muss wissen: An einen Cupfinal reisen viel mehr Personen, als an ein gewöhnliches Auswärtsspiel in der Meisterschaft. Eine Fankurve kann auch mit funktionierender Selbstregulierung eine solche Ausschreitung nicht mehr verhindern. Oder möchten Sie sich den randalierenden Fans in den Weg stellen, um danach selber in die Auseinandersetzungen involviert zu werden? Was erschwerend dazukommt: Ein solcher Anlass lockt auch Personen an, die bewusst Gewalt suchen, wie angeblich eine Gruppierung aus Mannheim.

Viele Konkordatsbefürworter meinten nach den Ausschreitungen, es sei von den Fans doch gewünscht, dass die Polizei weniger Präsenz markiere, aber genau dort hätten sich Auseinandersetzungen ergeben, wo sie nicht zur Stelle war. Doch wer die Lage realistisch einzuschätzen vermag, weiss, dass es unverantwortlich ist, zwei so grosse und verfeindete Fangruppen, lediglich von einer Baustelle getrennt, aufeinandertreffen zu lassen. Konkordatsgegner plädieren zwar dafür, auf Prävention zu setzen, doch ein solches Aufeinandertreffen würden auch sie nicht verantworten wollen. Dass es an brenzligen Stellen notwendig ist, auf die Unterstützung der Polizei zu setzen, werden wohl auch sie anerkennen. Nur sollte dies aus ihrer Sicht in einem angemesseren Rahmen geschehen.

Daher stellt sich nun doch ernsthaft die Frage, ob die Auseinandersetzung von der Polizeileitung und dem Sicherheitsdirektor Reto Nause vor der so wichtigen Abstimmung im Kanton Zürich nicht gar ein wenig provoziert wurde. Dies aus den bereits oben genannten Gründen: Die Polizeipräsenz war stark, aber nicht dort, wo sie hätte sein müssen, obwohl sie im Wissen war, dass die FCB-Fans den Waisenhausplatz als Treffpunkt anvisierten. Auf Hinweise auf eine mögliche Ausschreitung wurde zudem nicht eingegangen, wie dies Roland Suter und andere Besucher vor Ort erfahren mussten. Ich betone: Von den über 27’000 Matchbesuchern waren es nur rund 50 bis 100 Personen, die für Gewalt und Sachbeschädigungen sorgten.

Die Rolle der Medien

Quelle: suedkurve.ch

Anstatt das Vorgehen der Polizei zumindest ein wenig zu hinterfragen, wurde erneut heftig gegen die Fans Stimmung gemacht. Kaum ein Fernsehsender oder eine Tageszeitung verzichtete darauf, den Konkordatsbefürwortern nochmals Auftrieb zu geben. Es ist keinesfalls zu erwarten, dass die Medien nach einem solchen Vorfall alle Fans in Schutz nehmen sollten, doch eine zumindest etwas differenziertere Auseinandersetzung mit der Problematik müsste Pflicht sein. Dagegen entschied man sich, geradezu populistisch gegen Fussballfans zu berichten („BaZ„, „BZ„). Ausnahmen gibt es nur wenige: Die „TagesWoche„, die „WOZ“ als auch François Schmid-Bechtel in einem Kommentar in der „Aargauer Zeitung“ wussten die Lage meiner Meinung nach realistisch einzuschätzen.

Dass eine einseitige Berichterstattung über Fussballfans seit langem Normalität ist, enttäuscht mich. Ich fordere keine Berichterstattung, in der alle Fans in Schutz genommen werden. Meine Erwartung ist lediglich, dass sowohl der Sichtweise der Polizei, Sicherheitsdirektoren und Politikern, wie auch der der Fans gleichermassen Beachtung geschenkt wird. Denn wöchentlich begeistern uns in den Stadien die Fussballfans aus den jeweiligen Kurven mit wunderbaren Choreos und fantastischer Stimmung. Dass Ausschreitungen und Sachbeschädigungen bei jährlich über 2 Millionen Stadionbesucher nicht auszuschliessen sind, folgt einer gewissen Logik. Sollten die Medien deshalb nicht auch vermehrt die Bilder ins Bewusstsein rufen, in denen in den Stadien eine friedliche Atmosphäre herrscht? Denn dies ist bei geschätzten 99% der Spiele der Fall. Jährlich steigende Zuschauerzahlen sind zwar nicht zwingend ein Beweis dafür, dass die Zuschauer ohne Angst in ein Stadion gehen, doch sie sind zumindest ein Hinweis darauf.

Mein Fazit

Ich wünsche mir von den Medien, dass sie in Zukunft fairer über Fussballfans berichten. Dies ermöglicht den Lesern oder Zuschauern, welche nicht regelmässig Fussballspiele besuchen, sich ein objektiveres Bild über die Situation zu machen und beide Seiten in ihre Betrachtungen miteinzubeziehen. Damit wäre allen gedient: Den Fans aus den Kurven und den restlichen Matchbesuchern, den Politikern, der Polizei, den Vereinen und allen anderen, die dafür sorgen, dass ein Spiel möglichst reibungslos über die Bühne geht.

Doch eines sollte man sich bewusst sein: Ob mit oder ohne Konkordat – beide Varianten werden unregelmässige Auseinandersetzungen nicht verhindern können.

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